ORGANIZATION FITS STRATEGY - Die stärkste Kraft einer Organsiation ist ihr System

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von Andreas Lange Februar 02, 2021 5 Minuten Lesezeit

Komplexität führen! Leadership, aber wie?

  • Komplexität anerkennen
  • Echte Transformation realisieren
  • Leadership einer wieder führbaren Organisation 

‘Führung unter komplexen Bedingungen‘ wäre vielleicht der bessere Titel gewesen. Allerdings wäre dies nicht zu Ende gedacht, denn auch komplexe Systeme selbst, brauchen ihre Führung. Und was dies mit echter Transformation und dem Verstärkungsgrundsatz zu tun hat, das erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Komplexität zu führen bedeutet, sie zu sehen und zu wissen, was sie verlangt. Im ersten Schritt verlangt sie nicht vielmehr, als ihre Anerkennung. Aber genau hierzu sind nur die wenigsten Führungsetagen bereit. Oder doch? Schließlich reden Manager doch ständig von Komplexität. Richtig, sie reden ständig von Komplexität, aber sie agieren nicht so - als wären ihre Unternehmen komplex. Nun, der Reihe nach.

Wie erkenne ich Komplexität?

Am besten werden wir uns der Komplexität bewusst, wenn wir komplex von linear und kompliziert unterscheiden:

  • Linear: Ein gleicher Input generiert stets einen vorhersagbaren Output. Es existiert also eine unmittelbare Beziehung zwischen Ursache und Wirkung. Zum Beispiel beim Fallen einer Tasse aus zwei Metern Höhe auf einen harten Fliesenboden. Aber auch die Massenmärkte waren bis in die 1970er Jahre hinein, weitestgehend als linear zu bezeichnen. Damals existierten vornehmlich lineare Beziehungen zwischen Kapazitäten, Preise, Absatz und Erträge.
  • Kompliziert: Die Wirkungsprinzipien von komplizierten Systemen entsprechen, denen von linearen Systemen. Komplizierte Systeme verfügen lediglich über mehr Parameter als lineare, sie sind schwerer zu berechnen und sie profitieren noch von Planung und Analyse. Bis zum Ende des letzten Jahrhunderts waren der Fahrzeug- und Flugzeugbau als kompliziert einzuordnen. 
  • Komplex: Ein gleicher Input führt zu unterschiedlichem Output. Jeder Eingriff oder jede Veränderung kann zu unvorhersehbaren Ergebnissen führen. Auch beabsichtigte Verbesserungen können negative Folgen haben. Beispiele für komplexe Systeme sind unsere Natur, das Wetter, wir Menschen und vor allem Unternehmen und Märkte. 

Noch einmal zusammengefasst: Märkte sind heute weder linear noch kompliziert. Märkte sind vielmehr komplex und hochvolatil. Wer sich in komplexen Systemen aufhält, wird automatisch Teil dieser komplexen Systeme. Die Zukunft vorauszusehen wird in einer immer komplexer werdenden Welt, in der explosionsartige Marktveränderungen auf der Tagesordnung stehen, kaum noch möglich sein. Hellsehen nebst langwierigen Planungen werden nicht mehr ausreichen, eine Organisation auf die aktuellen großen Herausforderungen und Wandel unserer Zeit, wie Digital/KI, Umwelt, Demographie, Bildung, Energie und Hygiene erfolgreich auszurichten. 

Echte Transformation realisieren

Der Fahrzeugbau hat sich, wie auch andere Branchen, in Richtung Komplexität entwickelt. Die Herstellung von Fahrzeugen könnte noch als kompliziert gelten, allerdings ist das autonome Fahren und die damit verbundene KI-Entwicklung als äusserst komplexe Entwicklung zu bezeichnen. Und so verändert sich der Entwicklungsprozess eines Automobils von einer klassisch-linearen Projektierung in Richtung agiler Projektvorgehensweisen. Allerdings verändert sich dieser Prozess nicht nur in der Autoindustrie zu langsam. Dieses zu langsame Anpassen ist leider in vielen weiteren Branchen zu beobachten.

Tesla macht uns nicht nur den Einsatz von agilen Methoden in der Softwareentwicklung vor. Auch der Fahrzeugbau und die Errichtung von Fabriken erfolgt bei Tesla mit modernen agilen Vorgehensmodellen.

Eine echte digitale Transformation kann ohne agile Arbeitsformen und selbstadaptiven Strukturen nicht gelingen. Ganz zu schweigen von der Entwicklung und Abwehr disruptiver Geschäftsmodelle. 

Zum Hintergrund: Agile Arbeitsweisen entstanden in der Softwareentwicklung. Sie wurden etabliert, als sich die zunehmende Komplexität der Softwareentwicklung nicht mehr beherrschen ließ. Weder mit linearen Wasserfall-Methoden und erst recht nicht in starken Hierarchien mit zu großen Abteilungen. Softwareentwicklung dauerte seinerseits zu lange, sie war zu teuer und sie zielte häufig an den Bedürfnissen ihrer Kunden vorbei. Und so etablierten sich nach und nach jene Arbeitsformen, die wir heute als agil bezeichnen:

  • Kleine und schnelle Entwicklungsschritte im direkten Kundenfeedback - ausgeübt in eigenverantwortlichen Entwicklungsteams ohne aufwendige Langzeitplanungen.

Im zweiten Schritt benötigten agilen Arbeitsmethoden dann einen gesamtorganisatorischen Rahmen. Einen organisatorischen Gesamtrahmen, in dem agile und lineare Formen sich synchronisieren können (Auszug):

  • Selbstadaptive ORGA-Systeme mit Leadership-Modellen für flache Strukturen in denen sich crossfunktionale Teams im Konsentverfahren (nicht Konsens!) synchronisieren. 

Wer also den digitalen Wandel ernst nimmt und echte Transformation anstrebt, der müsste konsequenterweise auch JA, zu den hier benötigten agilen Methoden und Ja, zu adaptiven ORGA-Systemen sagen. Einer Kombination, welche ebenso die Arbeitsphilosophie im Kern transformiert. 

Es handelt sich beispielsweise nicht um echte Transformation, wenn wir unter Digitalisierung, die reine Beschaffung von Hard- und Software verstehen. Denn dann kommt dabei heraus, was wir im Staate Deutschland gerade im Bildungswesen ertragen müssen. Denn an der bestehenden Philosophie, Wissen zu vermitteln, ändert sich wohl weiterhin nichts, obwohl dies schon seit langem überfällig ist.

  • Der Verstärkungsgrundsatz systemischer Komplexität: Wer ohne Transformation digitalisiert, der verstärkt am Ende das, was vorher auch schon nicht gut funktionierte. Dieser Grundsatz gilt leider auch für andere Themen, die zur Transformation anstehen.

Aber auch bei vielen deutschen Unternehmen betrachten, sieht es nicht besser aus als im Bildungswesen. Bei einer echten digitalen Transformation geht es weder, um die zuvor genannte Beschaffung von Hard- und Software, noch geht es, um die einfache Digitalisierung von bestehenden Arbeitsvorgängen. Nur kurz ist uns damit geholfen, einfach 1:1 zu digitalisieren, was vorher analog bestand. Denn auf diese Weise bleiben unnötige Hürden auch auf digitalem Wege unnötig. Und schlechte Prozesse laufen digitalisiert noch viel schlechter. Ich erinnere an den Verstärkungsgrundsatz.

Eine echte Transformation sollte eine mentale Bereitschaft erzeugen, sich alternativen Strategien, agilen Arbeitsweisen, modernen Führungsmethoden und disruptiven Geschäftsmodelle zu öffnen. Echte Transformation schöpft die kollektive Intelligenz aller Mitarbeiter.

    Unternehmen waren schon immer komplex!

    Bei Unternehmen haben wir es, wie bereits erwähnt, mit komplexen Menschen in einem komplexen System zu tun. Trotz der festgestellten Komplexität von Unternehmen und ihren Märkten, setzten die Mehrzahl unserer deutschen Unternehmen, immer noch auf klassische Führungsformen, Organisationsmodelle und Projekttechniken. 'Management-Klassiker', welche ursprünglich für lineare und komplizierte Umgebungen ausgelegt waren. Es werden alte Management-Tools für neue (meist komplexe) Problemstellungen herangezogen. Wir können nicht mit dem Denken von gestern, die Probleme von heute und erst recht nicht, die von morgen lösen.

    Aber damit nicht genug, denn auch schon vor 50 Jahren basierten die hierarchischen Formen der Organisation auf zwei gravierende Fehlannahmen: Unternehmen seien maximal kompliziert und Mitarbeiter einfach bis demotiviert.

    Gewiss, auch damals gab es Ausnahmen in guter hierarchischer Führung. Und auch weiterhin existieren einzelne Bereiche, welche (noch) besser hierarchisch zu führen sind. Aber wir möchten hier und heute Unternehmen als Ganzes, auf ihre komplexen Herausforderungen ausrichten. 

    Zurück zur aufgezeigten Fehlannahme, ein Unternehmen sei maximal kompliziert. Unabsichtlich oder nicht, das damalige Management billigte sich selbst eine Legitimation für Comand-And-Control. Und auf diese Legitimation möchte das Management nur ungern verzichten. Man hält an ihr fest, auch wenn Kreativität und Motivation unter Comand-And-Control und seinen modernen Ablegern  leiden. Es besteht also weiterhin das Machtverlangen, alles von oben befehlen zu dürfen. Und aus Dürfen wird dann meist auch ein Müssen, denn die 'Self-fulfilling prophecy' des klassischen Managements leistet hier hervorragende Dienste. Ganz abgesehen davon, sich nur als Commander mächtig und gebraucht zu fühlen.

    Dürfen und dann Müssen, heißt eben nicht, es auch tatsächlich zu KÖNNEN. Command-And-Control mag vielleicht beim Entscheidungsprozess effizient sein, aber es ist, was die Ergebnisse dieser Entscheidungen angeht, ganz weit weg von effektiv.

    Auf den Punkt gebracht: Schon damals war das Führen in starken Hierarchien nicht sonderlich effektiv - allerdings mit einem Unterschied: Es führte seinerzeit nur in den seltensten Fällen zu ernsthaften Problemen. Denn auch die Konkurrenz brillierte nicht mit guter Führung. Hinzu kam, dass der damalige Fachkräftemarkt noch nicht wie leer gefegt war.

    Schlechte Führung war eben der Standard, aber darauf sollte man sich heute nicht mehr verlassen.

    Bringen wir es zusammen: 

    Unternehmen in agil-adaptiver Führung machen sich bereit, echte Transformationen zu realisieren!

    Unternehmungen, wie Tesla, Netflix, Google etc. demonstrieren (wenn auch auf amerikanischer Art), wie Erfolge unter komplexen Bedingungen realisiert werden können.

    Gewiss, einige deutsche Unternehmungen haben bereits begonnen, einzelne Entwicklungsbereiche (meistens, die ihrer IT-Abteilungen) oder einzelne Zweige/Bereiche (Tochterunternehmungen oder Innovation-Hubs) nah an der Agilität zu organisieren. Aber von einer unternehmensweiten agilen Führung in selbstadaptiven Strukturen ist man noch meilenweit entfernt. 

    Bürokratie, starke Hierarchien, übermäßige Regeln, schlechte Bonussysteme und Angst vor Veränderungen blockieren heute immer noch jegliche Bemühungen wahrer Transformation. Und so wird das Thema 'Führung von und unter Komplexität' zu der Top-Frage unserer heutigen Führungsetagen. "Sind wir als wahre Führungskräfte dazu bereit, unsere hierarchischen Kontrollen und Vorgaben zu Gunsten der agilen und selbstadaptiven Potentialschöpfung runter zu schrauben?". Niemand müsste diese Frage wirklich beantworten, denn das klassische Management hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten längst an Kontrolle und Wirkung verloren.

    Wie zu Beginn erwähnt, Manager benötigen im ersten Schritt, die ernsthafte Anerkennung von Komplexität und deren Konsequenzen: Ein ORGA-Betriebssystem-Update auf agil und selbstadaptiv. Einem Update, in dem Mitarbeiter nicht mehr durch schlechte Führung behindert werden.

    Erst mit einem aktiven JA zur agil-adaptiven Transformation erhalten Unternehmen ihre 'führbare' Gesamtorganisation zurück. Und erst mit der Arbeit an diesem sichtbaren und adaptiven ORGA-System, erlangen Manager als (System-)Leader ihre Wirksamkeit wieder zurück. 

    Wer Agilität und Adaptivität verinnerlicht hat, der weiß, daß es unter Komplexität kein 'Fertigsein' mehr geben kann. Genau das ist es, was wir bei SAOS als die beständige Arbeit am Unternehmenssystem verstehen.

    Systemarbeit ist eben eine Führungsaufgabe. Vielleicht, die entscheidende Führungsaufgabe.

     

    Andreas Lange - Systemberater - Speaker - Autor

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